La celebre natività del Redentore
Antonio Cartellieri (1772 – 1807)

Konzertinformation

Antonio Cartellieri (1772 – 1807)
Geboren in Danzig verbringt Anton(io) Casimir(o) Cartellieri die für ihn musikalisch prägende Jugendzeit in Berlin, wo seine Mutter als Sängerin im Königlichen Opernhaus beschäftigt war. Hier findet er auch sein erstes Engagement als Hofkapellmeister und Musikdirektor im Hause des polnischen Grafen Oborsky. Aufgrund besonderer Wertschätzung für seine musikalischen Werke bekommt er von seinem Dienstherrn ein Stipendium angeboten. Cartellieri nutzt dies und nimmt Kompositionsunterricht in Wien bei Antonio Salieri und Johann Georg Albrechtsberger. Im Schülerkreis dieser beiden lernt er 1795 Ludwig van Beethoven kennen, mit dem ihn fortan eine lebenslange Freundschaft verbindet. Beethoven hatte anlässlich der Erstaufführung von Cartellieris Gioas, Rè di Giuda seinen ersten Auftritt als Klaviervirtuose in Wien. Cartellieri bekommt aufgrund seiner musikalischen Erfolge 1796 eine Stelle als Kapellmeister, Gesangslehrer und Violinist im Hause des Fürsten Franz Josef Maximilian von Lobkowicz. Fortan verbringt er die meiste Zeit auf dessen Schlössern in Westböhmen Raudnitz (Roudnice) und Eisenberg (Jezeří). Neben seiner Tätigkeit am fürstlichen Hof wirkt er als Musiker weiterhin bei vielen Uraufführungen mit, darunter auch bei Beethovens Sinfonie Eroica und dem berühmten Tripelkonzert für Klavier, Violine und Violoncello in C-Dur op. 56. 1800 heiratet er in der Wiener Augustinerkirche Franziska Kraft, die Tochter des famosen Cellisten Anton Kraft, der ebenfalls in der fürstlichen Hofkapelle beschäftigt und Gründungsmitglied des legendären Schuppanzigh-Quartetts ist. Cartellieri stirbt 1807 im Alter von nur 35 Jahren in Liebshausen (Libčeves) in Westböhmen an den Folgen eines Herzinfarktes.

Quellen:
Klöcker, Dieter: Cartellieri, Antonio Casimir, in: New Grove Dictonary of Music and musicians. Band 4. London 1980.
Schwarz, Vera: Fürst Franz Joseph Maximilian Lobkowitz und die Musikpflege auf Raudnitz und Eisenberg. Haydn Jahrbuch 1978, S. 121–31.

La celebre natività del Redentore
Cartellieris Werk Le Celebre Natività del Redentore lässt sich gattungsspezifisch sehr schwer einordnen. Auf den ersten Blick steht die Komposition in der Tradition der Kirchenopern, wie sie im 18. Jahrhundert in Italien, vor allem in Neapel sehr beliebt waren. Cartellieri schreibt der Partitur aber voran: Cantata osia Cantata. Damit verortet er das Werk eindeutig zwischen geistlicher und weltlicher konzertanter Musik und nicht auf der Opernbühne.
Die Erstaufführung von Le Celebre Natività del Redentore lässt sich derzeit nicht exakt datieren. Die Entstehung fällt jedoch eindeutig in die Zeit Anfang des 19. Jhds., in der das vormals so beliebte Oratorium bereits wesentlich an Bedeutung verliert. Nur wenige Werke, die um die Jahrhundertwende geschrieben wurden, finden Eingang ins Repertoire des Musikbetriebes. Haydns und später Mendelssohns große Oratorien bilden dabei eindeutig eine Ausnahme. Mag dies der Hinwendung zu neuen musikalischen Gattungen, vor allem im kammermusikalischen Bereich geschuldet sein oder generell dem geistigen Einfluss der Aufklärung, die mehr die Subjektivität des Menschen in den Mittelpunkt rückt und das Anliegen, Gott in seinen großen Taten musikalisch darzustellen, immer mehr verlor. Zum umfangreichen Kreis der aus dem Bewusstsein verschwundenen Oratorienkompositionen zählen auch Antonio Cartellieris Werke, obwohl er immerhin drei gewichtige Kompositionen dieser aussterbenden Gattung vertonte: Gioas, Ré di Giuda (1795), La celebre natività del redentore (1806) und das Oratorio per celebrare la festivita della Purificazione di Maria Vergine (1807, Oratorium zur Feier der Reinigung Mariae). Einen ersten Hinweis auf Cartellieris Komposition findet man in einer Rezension vom Februar 1807 in der Allgemeinen Musikalischen Zeitung. Hier wird berichtet von einer Aufführung am 25. Dezember 1806 im Prager Nationaltheater als Benefizkonzert zugunsten der Witwen und Waisen der ehemals angestellten Musiker. Dennoch ist das Aufführungsmaterial nicht in einer Prager Bibliothek zu finden, sondern in Wien in der Österreichischen Nationalbibliothek.
Cartellieri beschreibt das Weihnachtsgeschehen wesentlich „theatralischer“ als etwa bei Johann Sebastian Bach in seinem berühmten Weihnachtsoratorium BWV 248. Das Textbuch des Librettisten Luigi Prividali, der unter anderem auch für Antonio Salieri tätig war, basiert nicht auf einer neutestamentlichen Vorlage, sondern verwendet eine heute unbekannte Vorlage um das Geburtsgeschehen Christi aus dem weiten Feld katholischer Brauchtumstradition. Die Handlung ist trotz vieler rezitativischer Dialoge inhaltlich nicht gebunden, wenngleich eine sinnfällige Chronologie eingehalten wird. Den roten Faden bildet der Dialog zwischen dem Teufel (SATANASSO) und Johannes dem Täufer (BATTISTA). Darum gruppieren sich zwei Engelsboten (AMOR DIVINO und ANGELO DELLA GLORIA) und die Chöre, die sowohl Hirten wie Dämonen symbolisieren oder als Gläubige frohlockend einstimmen in den Lobgesang Gottes.
Zu Beginn des Werkes erklingt keine Ouvertüre, sondern eine klangmalerische Introduktion. Wie sich spätestens aus den Worten des ersten Chores ableiten lässt, wird eine von einer kargen Winterlandschaft umgebene Hirtenszene beschrieben, die ohne Weiteres dem abendländischen Weihnachtsmilieu entstammen könnte. Hier treten im Übrigen bereits die ersten Antonyme auf, so wie sie im weiteren Werk sich immer wieder gegenüberstehen: die naturgegebene Eisesstarre und der Weihnachtszauber der göttlichen Liebe, verkörpert im AMOR DIVINO, der bereits die bevorstehende Freude verkündet. Später spiegeln sich solche Gegensätze beispielsweise wider in der hellen Lichter- und der düsteren Unterwelt oder dem grundsätzlichen Kampf des Guten gegen das Böse. Zu den Hirten tretend verkündet Johannes (BATTISTA) die Prophezeiung des Weihnachtsgeschehens Er, der meine Schritte führt, wird nach mir sein und Er [...] ist der Geist des Lebens und die Quelle der Wahrheit.
Die Schäferidylle wird abrupt unterbrochen durch den Auftritt des Satans, der alle Bemühungen daran setzt Johannes zu überreden, sich seinem Gefolge anzuschließen und sich der dunklen Seite zuzuwenden. Der Prophet widersteht aber den Verlockungen des Bösen und schickt den weiter Drohungen ausrufenden Satan wieder in das Reich der Finsternis. Den Abschluss dieser Szene bildet ein musikalisch beeindruckender Dämonenchor, in dem Satans Diener mit dem Hirtenvolk in einem Wortgefecht in heftigen Streit geraten. Hier wird der Kontrast zwischen den Mächten des Lichtreiches und denen der Finsternis besonders hörfällig.
Mit dem ersten Aufritt des ANGELO DELLA GLORIA werden die düsteren Wesen erneut in ihr Reich verwiesen. Nahezu ohnmächtig weichen diese zurück vor der göttlichen Verkündigung: „Grausame Wut genügt nicht, um gegen das zu kämpfen, was im Himmel geschrieben steht: kehrt zurück in euer Reich, ihr Verdammten!“.
Mit dem Sieg des Guten erwärmt sich die vormals als eisig beschriebene Natur durch die Röte des Himmels, vorbereitend die Botschaft von der Geburt des Erlösers. Mit einer Arie des Lobpreises der göttlichen Gnade und Barmherzigkeit verkündet der AMOR DIVINO den Sieg über das Böse und die kommende Einkehr des Friedens. Er bestätigt die himmlische Freude über die Erlösung der Menschheit. Hier fallen die entscheidenden Worte: In der Stadt Davids, in einem Schafstall, in bescheidenen Kleidern eingewickelt, unter der milden Wärme von zwei Lasttieren, ist heute der Erlöser der Welt geboren!
Dem Anliegen des Johannes sich nach Eintreten der Prophezeiung allein der Lobpreisung zuzuwenden fordern ihn die beiden Engel auf künftig die blinden Ungläubigen zu bekehren und mit der reinen Hand sie im Jordan als Menschen zu taufen. Johannes, der hiermit den Beinamen der Täufer zur Seite gestellt bekommt, beugt sich der göttlichen Vorsehung. Mit den Worten „möge die gesamte grausame Hölle an mir die Wut auslassen,“ ergibt er sich dem ihm durch AMOR DIVINO für später geweissagten Martyrium eines glorreichen Todes.
Nach dem die Szene abschließenden Terzett der beiden Engel und Johannes des Täufers tritt erneut der Satan ins Geschehen. In einer vehementen Arie fordert er seine Gesellen auf sich den Weg in die Brust von König Herodes zu bahnen und so die Prophezeiung des Messias noch einmal abzuwenden. In einer besinnlichen Szene mit Rezitativ und Arie fasst Johannes der Täufer endgültig den Entschluss für die Sache Gottes zu kämpfen um die Palmen der Mühe für den bis hierher beschrittenen Weg zu sammeln. In ausführlichen Koloraturen verkündet er den Lobpreis Gottes. In seinen Gesang stimmen nach und nach auch der Glorienengel und das Volk ein, preisend die unendliche Trinität und die Geburt des Erlösers.
Ein letztes Mal erklingt die Stimme des Satans mit der Ankündigung wiederzukehren: Zittre vor meinen wütenden Angriffen, die Unterwelt ist noch nicht besiegt. Mit Blitzen und anderen Naturgewalten wird die Unterwelt aber erneut zurückgetrieben. Das Werk endet schließlich in einer großen Chorfuge, in der Gott in seiner das Weltall umfassenden Allmacht gepriesen wird.
Wolfgang Antesberger

14.12.2012-Katholische Akademie, München

Ablauf:


Besetzung

Soli:

L’Amor Divino (Die göttliche Liebe) - Agnes Preis, Sopran
Giovanni Battista il Precusore (Johannes der Täufer) - Markus Zeitler, Tenor
L’Angelo della Gloria (Der Glorienengel) - Alexander Bassermann, Tenor
Satanasso (Satan) - Thomas Skampraks, Bass
Coro d’Angeli (Engelchor)
Coro di Pastori (Hirtenchor)
Coro di Demoni (Dämonenchor)

Orchester:

Sänger und Instrumentalisten - Mitglieder der Bayerischen Staatsoper
David Schultheiss, Konzertmeister

Dirigent:

Wolfgang Antesberger